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Jugendliche und Datenschutz 1/2

Datenschutz und Privatsphäre sind oft wiederkehrende Themen. Aktuell brennt in Deutschland die Geschichte um die Macher des Blogs Netzpolitik.org. Gegen diese wurde, wegen ihres Einsatzes für Datenschutz und die Rechte der Internetnutzer, ein Verfahren wegen Landesverrats eingeleitet. Diese Aktualität zeigt, wie vielfältig die Interessen in diesem Themenbereich sind. Dies ist auch in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein wiederkehrendes Thema.

Ich höre immer wieder, dass sich Kinder und Jugendliche nicht für den Datenschutz interessieren. Wer dies behauptet, geht meist von der Sicht eines Erwachsenen aus und vergisst die Lebenswelt, in der Jugendliche zuhause sind.
Um die Konzepte „Datenschutz“ und „Privatsphäre“ zu verstehen, ist das Wissen über die geltenden Gesetze, Grundsätze des Datenschutzes, die technischen Möglichkeiten und die Logik der Märkte und des Marketings erforderlich. Ähnlich verhält es sich mit der Privatsphäre. Um diese zu schützen, muss ich ein Verständnis von Privatheit und Öffentlichkeit haben, das selbst die meisten Erwachsenen überfordert.

Die JAMES Studie 2014 gibt an, dass 77.4 % bis 85 % der 12- bis 17-Jährigen die Möglichkeiten zur Privatsphäreneinstellung nutzen und diese auch regelmässig überprüfen.

Ich beobachte bei Jugendlichen ein spezielles Bedürfnis nach Datenschutz, das sich aber von dem der Erwachsenen unterscheidet. Entsprechend ihrer Lebenswelt und Situation zeigt sich ihr Bedürfnis nach Privatheit vor allem durch die Abgrenzung von den Eltern. Ausserdem haben sie ein starkes Bedürfnis nach Kontrolle, wer welche Daten über sie verbreitet. (Danah Boyd und Alice Marwick, Berkeley 2011)

Dazu einige Beispiele aus der Praxis:
So konnten wir in den letzten Jahren feststellen, dass die Jugendlichen weniger Facebook, hingegen vermehrt Instagram und WhatsApp nutzen. In Gesprächen habe ich oft von Jugendlichen gehört, dass sie dort einfacher den Überblick haben, wer was von ihnen sieht. Sie haben genug von den vielen Möglichkeiten, die Facebook bietet, und sind nicht selten überfordert. Indem sie weniger komplexe Portale nutzen, haben sie eine bessere Kontrolle über ihre Daten.

In einem Workshop haben wir zur Dokumentation des Workshops ein Instagram-Profil eröffnet. Um die Funktionsweise von Hashtags (#) zu demonstrieren, baten wir die Jugendlichen, in der Pause ein Foto unseres Workshop-Plakats zu machen und dieses mit dem Hashtag auf ihrem eigenen Profil zu posten. Niemand in der Gruppe war bereit, unser „uncooles Plakat“ auf seinem Profil zu posten. Ich interpretiere dies als eine Art Privatsphäre, wobei Coolness gewahrt werden soll.

In den Workshops frage ich die Jugendlichen, wie WhatsApp funktioniert und wie eine Nachricht von A nach B kommt. Im Verständnis der meisten Jugendlichen (und auch vieler Erwachsenen) wird die Nachricht direkt vom Telefon A zum Telefon B gesendet. Daraus schliesse ich, dass das nötige technische Wissen fehlt, um die grundlegenden Problematiken des Datenschutzes zu erfassen.
Mein Fazit lautet daher:

• Das Verständnis von Privatsphäre ist vorhanden, aber in Entwicklung.
• Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre sind „oft auch“ unbeholfen.
• Technisches Verständnis fehlt.
• Die Einschätzung von „öffentlich“ wird immer schwieriger.

Daraus folgere ich, dass wir Erwachsenen zusehen müssen, wie die Jugendlichen an die für sie nötigen Informationen kommen. Ausserdem braucht es die begleitenden Erwachsenen, die in ehrlichen Gesprächen helfen, dass Jugendliche funktionierende Lösungen im Umgang mit neuen Formen von Privatsphäre und Datenschutz erlangen.

Warum unser oft vorherrschendes Bild von „Digital Natives“ und unser fehlendes technisches Wissen dabei öfters im Wege stehen, erkläre ich in meinem nächsten Blogbeitrag.

DiagnosTIC

Die Action Innocence hat vor einiger Zeit  die App “DiagnosTIC” herausgegeben. Die App ist für Android und IOS erhältlich. Zusätzlich kann die App auch über den Browser benutzt werden. Die App richtet sich zwar hauptsächlich an Famillien (sprich Eltern), einige Funktionen könnten aber auch für Jugendarbeitende hilfreich sein. Leider existiert die App nur auf Französisch.
Wenn die App zum ersten Mal geöffnet wird, lädt und spielt sie ein kurzes Introvideo ab. Danach können Avatare für verschiedene Familienmitglieder eingerichtet werden. In einem zweiten Schritt werden die Wohnräume der Familienwohnung nachgebaut. Dabei wird zuerst ein Zimmer-Typ gewählt (z.B. Kinderzimmer) und dem Raum ein Familienmitglied zugewiesen. Darauf folgend können Nutzende elektronische Geräte mit den entsprechenden Betriebssystemen auswählen und zuordnen. Abschliessend zum Raum Setting können sie angeben, welche Sicherheitsmassnahmen für die jeweiligen Geräte ergriffen wurden. Man kann zwischen erzieherischen und technischen Massnahmen auswählen. Auf diese Weise wird die Familie mit ihren Gerätschaften Stück für Stück zusammengebaut. Um eine Drei-Zimmer-Wohnung mit drei Personen und ca. 6-8 Geräten zusammenzustellen, benötigte ich etwa 10 Min. Wenn dies abgeschlossen ist, errechnet die App einen groben „Sicherheitsindikator“. Dieser sagt noch nicht viel aus.
Hilfreich sind jedoch folgende Möglichkeiten:
Die einzelnen Zimmer können angeklickt werden und Nutzende erhalten Erziehungstipps oder technische Hinweise. Spannend finde ich, dass man durch einen weiteren Klick zu einem Video Tutorial kommt, indem einem die möglichen Sicherheitseinstellungen für das angegebene Gerät mit dem entsprechenden Betriebssystem (auch Windowsphone und Blackberry) vorgestellt werden. Die Videos sind gut verständlich und nachvollziehbar gemacht und sind auch für Personen verständlich die nicht Französisch sprechen.Wer direkt zu den Videos gelangen möchte, kann aber auch direkt diesen Link nutzen.
Fazit:
Die Applikation, kurz App, ist sicher geeignet, um mit den Kindern zusammen einen Überblick über den „Gerätepark im eigenen Heim” zu bekommen. Der wirkliche Gewinn sehe ich aber in den Videos mit den Erklärungen zu den Sicherheitseinstellungen. Wie in der App auch immer wieder erwähnt, bieten die Einstellungen zwar keinen wirklichen Schutz, manchmal ist es aber praktisch zu wissen, welche technischen Hilfen vorhanden sind.

Demokratisierung der pädagogischen Beziehung

Vor einiger Zeit habe ich auf meinem Blog einen Beitrag mit dem Titel „Demokratisierung von Erziehung“ veröffentlicht. Der darin beschriebene Gedanke lässt sich gut auf die pädagogische Beziehung übertragen.

Schauen wir uns also zwei typische Schauplätze der Offenen und Stationären Jugendarbeit an.

 Jugendtreff
Der Schlüssel des Medienraums ruht in der Tasche des Jugendarbeiters, seine Kollegin kümmert sich um die Herausgabe der Spiele für die Playstation. Die Regeln, wer in den Genuss der Medien kommt, sind aufgestellt und gut kommuniziert. Im Notfall kann der Zugang zu den Medien auch genutzt werden, um erzieherisch oder animatorisch zu wirken.

Jugendheim
Auch hier ist alles gut geregelt und vom Pädagogen durchdacht. Die Inhalte des Fernsehprogramms und der DVD sind vorbesprochen und mit der wöchentlichen verfügbaren Medienzeit abgestimmt. Die Medienzeit wird genutzt, um pädagogische Interventionen zu stützen.

Die gute alte Zeit! Vergleichsweise war es früher einfacher, seinen erzieherischen Auftrag wahrzunehmen und die Jugendlichen auf einem guten Weg an die Medien heranzuführen. Mit verträumtem Blick werden einige an diese Zeit zurückdenken, in der es so einfach war, Grenzen zu setzen und auf die Entwicklung des Individuums abgestimmte Impulse mitgeben zu können. Auch in dieser Beziehung hat sich nun eine digitale Kultur eingeschlichen. In jeder Hosentasche befindet sich der Zugang zu allen Informationen, zu allen Freunden und jeglichen Medieninhalten. Der/die Jugendliche ist weder im Heim noch im Jugendtreff auf die Gunst eines Pädagogen angewiesen, um an diese Inhalte zu kommen.

Die Fachperson hat nun verschiedene Möglichkeiten, sich und ihre Aufgabe wieder ins Spiel zu bringen. Und weil ich so gerne übertreibe, seien hier die zwei extremsten Positionen beschrieben, die eine Fachperson einnehmen kann.

Der unreflektierte Autokrat
Er besinnt sich auf seine alte Macht und versucht, diese durchzusetzen, indem er ein Handyverbot in den Räumen der Institution und WLAN-Codes einführt oder Gespräche mit den Eltern organsiert, um notfalls Geräte einzuziehen. Inhaltlich lassen sich diese Massnahmen mit der Absicht von Sicherheit und Schutz begründen. Man verweist auf die Risiken und Gesetze, die laufend gebrochen werden. Im Innern ist dies oft ein Kampf um Kontrolle und die eigene Rolle als erziehende Person.

Die offene Demokratin
Sie freut sich über die Möglichkeiten, die ihre Jugendlichen durch die digitalen Medien erhalten. Freudig geht sie mit ihnen ins Gespräch und lotet mit ihnen die Möglichkeiten aus, die die Medien haben. Spielerisch baut sie diese in ihren Arbeitstag ein und lernt mit den Jugendlichen zusammen. Es entstehen spannende Gespräche, in denen von ihr beobachtete Entwicklungen kritisch reflektiert werden. Es kommt auch vor, dass sie in diese Gespräche die geltenden Gesetze und Regeln der Institution einbringen muss. Im Gespräch sind aber bald für alle tragbare Regeln erarbeitet, die mit Engagement und täglicher Auseinandersetzung umgesetzt werden.

Die beiden Herangehensweisen unterscheiden sich in einer Grundhaltung, die ich hier als analog und digital bezeichnen will. Die analoge Herangehensweise zeichnet sich durch eine autoritäre Haltung aus, in der die Fachperson mehr weiss und sich durch ihre Autorität in die pädagogische Beziehung eingibt. In der digitalen Herangehensweise nimmt sich die Person nicht so viel Raum und bringt sich eher durch einen gleichberechtigten Beitrag in das Geschehen ein. Begegnungen geschehen auf Augenhöhe und im Austausch mit möglichst vielen Beteiligten.
In diesem Sinne erachte ich es als notwendig, dass sich pädagogische Fachpersonen ein digitales Verständnis für ihre Arbeit aneignen. Wenn sich dies zu abstrakt anhört, kann das Wort “digital” auch gut durch “demokratisch”, ” lebensweltorientiert” oder “partizipativ” ersetzt werden.

Demokratisierung von Erziehung

Die Kinder wollen gerne an einem Ort Ferien machen, wo Rambazamba und immer was los ist, die Eltern wollen dorthin, wo sie Ruhe finden und Zeit mit ihrer Familie verbringen können. Gewöhnlich setzen sich die Eltern durch und die Jugendlichen und Kinder finden sich in einem Kaff wieder, in dem nichts los ist. Nach dem die Junioren ein bisschen geschmollt haben, bleibt ihnen nichts anders übrig, als halbherzig die Zeit mit ihren Eltern abzusitzen und zu warten, bis sie wieder mit ihren Freunden zusammen sein können.
Die Entwicklung digitaler Medien macht heute den Eltern einen Strich durch die Rechnung. Die Jungen haben ihr Handy dabei und erfreuen sich, dem so ermöglichten Kontakt mit ihren Peers. Den Eltern bringt es den Frust und die Erkenntnis, dass ihre Kinder sich Tolleres, als die Zeit mit ihnen bei einem Spaziergang, vorstellen können. So verbringen sie die Ferien lieber im Haus, denn dort gibt es WLAN. Mit jeder Sekunde, die sie nicht im Netz verbringen, lassen sie die Eltern spüren, wo sie eigentlich lieber sein würden.

Mit diesem Beispiel möchte ich zeigen, wie hier das Handy als eine Art Katalysator für etwas fungiert, was schon immer Thema war. Es kommt irgendwann die Zeit, wo Eltern langweilig sind und sich Jugendliche am liebsten nur mit Gleichaltrigen auseinandersetzen. Natürlich ist das für viele Eltern eine schwierige Zeit, sind sie sich doch gewohnt, für ihre Kinder das Wichtigste zu sein. Die Möglichkeit, mit dem Handy in ständigem Kontakt mit Freunden zu sein, hält diese unliebsame Entwicklung den Eltern klar vor Augen. Was früher noch überspielbar war, ist heute offensichtlich.
Dasselbe gilt für Verbote, die Eltern gegenüber ihren Kindern aussprechen. Wenn früher noch eine gewisse Kontrolle über den Medienkonsum von Kindern möglich war, so ist dies heute hinfällig. Eltern sind immer mehr davon abhängig, dass Kinder bei der Einhaltung von Regeln mitarbeiten. Dies gilt vor allem, wenn sich Eltern den technologischen Entwicklungen verweigern und darum keine Ahnung haben, was mit welchen Geräten möglich ist.

 
Es ist verständlich, dass Eltern eine Wut auf das Handy entwickeln. Dahinter steckt aber etwas völlig anderes. Das Handy bringt Konflikte und Herausforderungen zutage, die im Familienalltag bestehen und durch die Möglichkeiten vom Handy an die Oberfläche kommen. Eltern werden gezwungen, mit Jugendlichen zu verhandeln und ihre Wünsche offen auf den Tisch zu legen. Dies ist nur fruchtbar, wenn diese Verhandlungen auf Augenhöhe geschehen (siehe mein Artikel zu Regeln). So leistet das Handy seinen Beitrag zu einer demokratischeren, sprich gleichberechtigteren Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern bzw. fast Erwachsenen.

Verbote und die Vermittlung von Medienkompetenz

In der Zusammenarbeit mit Fachkräften erlebe ich eine erfreuliche Entwicklung. Immer öfters werden Regeln, im Speziellen Verbote, als nicht abschliessende Lösungen von Problemen mit digitalen Medien gesehen. Vermehrt wird die Wichtigkeit der Vermittlung von Medienkompetenz in den Vordergrund gestellt. Die Erkenntnis, dass Medien genutzt werden müssen, um den Umgang mit ihnen zu lernen, setzt sich immer mehr durch. Dabei stellt sich neu aber die Frage: Dürfen wir überhaupt Regeln oder gar Verbote aufstellen? Ich nenne diesbezüglich das Beispiel einer Schulleiterin, die nach mehreren Fällen, in denen Nacktbilder von Schülerinnen und Schülern (SuS) auf dem Pausenhof kursiert waren, ein Handyverbot in der ganzen Schule erlassen hat. Die SuS müssen nun vor Unterrichtsbeginn ihr Handy abgeben und erhalten es erst nach Unterrichtsende wieder zurück. Dabei ist sie mit dieser Regel nicht ganz glücklich. So ist zwar das Problem im Umfeld der Schule gelöst, sie ist sich aber bewusst, dass durch dieses Verbot das Problem nur verschoben wird. Es stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll. Solche und ähnliche Situationen erlebe ich in verschiedensten Settings. Fachkräfte sind sich gewohnt, Regeln und Verbote als Signal oder Schutzmassnahme zu erlassen. Die Frage lautet jedoch, wie aus solchen Situationen gelernt werden kann.

Verbote als Schutz
Weit verbreitet ist der Einsatz von Verboten, um Ruhe und/oder Sicherheit zu schaffen. Social Media macht vieles sichtbar. Jugendliche fotografieren und teilen nicht nur ihr eigenes Leben (mit allen Sonnen- und Schattenseiten), sondern auch das Leben, das sie mit Fachpersonen teilen. Ob es ein schönes, neues Kleid ist oder der Wutanfall einer Lehr- oder Betreuungsperson, spielt dabei keine Rolle. Ist man als Fachkraft im pädagogischen Bereich tätig, muss man sich mit diesem Umstand auseinandersetzen. Das Leben in der Klasse, auf der Wohngruppe oder im Jugendtreff ist nicht mehr länger unsichtbar für die Nichtanwesenden. (einen spannenden Fachartikel zu diesem Thema findet ihr hier ab S.6). Es ist verständlich, dass Fachkräfte sich und die Jugendlichen schützen wollen und daher den Gebrauch von Handys in ihren Institutionen verbieten wollen. Oft spielt in diesem Schutzgedanken auch der Aspekt mit, die Nutzungsdauer der Geräte einzuschränken, damit die Jugendlichen nicht “mediensüchtig” werden.

Verbote als Signal
Verbote werden auch eingesetzt, um zu signalisieren, was wir gut finden und was nicht. Kommt es zu Übergriffen, bei denen digitale Medien eine Rolle spielen (Missbrauch von Sexting, Cybermobbing usw.), kann ein generelles Verbot ein starkes Signal dafür sein, welche Verhaltensweisen eine Institution nicht akzeptiert, das alle zu spüren bekommen. Diese Signale werden jedoch nur verstanden, wenn sie gut kommuniziert werden.
In unserem Beispiel mit der Schule könnte das heissen: „Nach mehrmaligem Auftauchen von Nacktfotos auf dem Pausenplatz sehen wir uns gezwungen, auf dem Schulareal ein striktes Handyverbot zu erlassen. Verschiedene Abklärungen zur rechtlichen Situation sind in Abklärung.“
Durch eine solche Erklärung kann der Zusammenhang zwischen dem Verbot und dem Vorfall erkannt werden und das Verbot wird zum Signal.

Verbote zur Förderung der Medienkompetenz
Verbote können auch ermöglichen, andere Erfahrungen, als die bisher gekannten, zu machen. Medienkompetent ist, wer seine Mediennutzung reflektieren und daraus Lernerfahrungen ableiten kann. Wie sollen Jugendliche ihren Mediennutzen reflektieren, wenn sie nicht wissen, wie es ist, einen Unterricht oder einen Teil der Freizeit ohne ständige Nachrichtenflut zu bewältigen? Hier können Verbote in Form von Regeln helfen.

Auch dazu gibt es ein Beispiel, das ich vor kurzem erlebt habe: In einem Jugendheim wurde vor anderthalb Jahren der Nutzen von Handys massiv eingeschränkt. Auch bei dieser Institution stand damals ein Schutzgedanke im Vordergrund. Unter riesigem Protest wurden dann die Geräte eingesammelt und deren Nutzen streng geregelt. Nach einiger Zeit hat sich im Team die Erkenntnis durchgerungen, dass die Jugendlichen später in eine Mediengesellschaft entlassen werden und daher der Umgang mit Medien gelernt werden sollte. Das Team dieser Institution hatte den Mut, die geltenden Nutzungsregeln mit den Jugendlichen zu thematisieren. Sie waren sehr erstaunt darüber, wie die Jugendlichen reflektiert die Vorteile von medienfreier Zeit formulierten. Dieser Lerneffekt wäre wohl ohne dieses Verbot nicht möglich gewesen.

Regeln sind sinnvolle Verbote
Ich sehe es als eine wichtige Aufgabe in der Medienerziehung, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, ihren Mediengebrauch zu disziplinieren. Um einen sinnvollen Nutzen zu finden, brauchen sie klare Regeln, welche mit ihnen erarbeitet und von ihnen eingehalten werden sollten. Wir müssen uns bewusst sein, dass solche sinnvollen Regeln immer einen höheren Zeitaufwand und eine Auseinandersetzung fordern, weil:

• wir Regeln für ein Lebensbereich finden müssen, der uns selbst vielleicht fern ist, im Leben der Jugendlichen jedoch sehr wichtig ist. Darum sind wir umso mehr auf ein Miteinander mit Jugendlichen angewiesen, weil sonst der Kontakt mit ihnen nicht möglich ist und dabei auch die verhandelten Regeln nicht sinnvoll sind.

• Regeln begründet werden müssen. Eine gute Begründung bedingt eine klare Haltung, welche wiederum eine Auseinandersetzung mit sich und dem Thema bedingt.

• Eine Verhandlung über Regeln bedingt eine gute Beziehung, welche wiederum nur auf Vertrauen und Verlässlichkeit beruhen kann.

• Der Lernprozess, der durch eine Regel angeregt werden soll, muss meistens begleitet werden. Dies bedingt eine Kommunikation, die für viele Organisationen noch neu ist (z.B. zwischen der Schule und den SuS).

Für unser Beispiel der Schule würde dies bedeuten, dass die Schulleitung mit den SuS in eine Kommunikation einsteigt. Sie muss sich nach der Erfahrung, welche die SuS mit der neuen Regel gemacht haben, erkundigen. Mit den Rückmeldungen nach solchen Gesprächen oder einer Befragung kann sie das in einer Notsituation erlassene Verbot in eine sinnvolle Regel umwandeln. Auf diese Weise kann ein Lernprozess für die ganze Schule entstehen.

Fazit:
Traut euch, Regeln und Verbote aufzustellen, wenn diese Lernen und neue Erfahrungen zum Ziel haben.

Apps selber beurteilen

Apps selber beurteilen

Dieser Beitrag ist die Weiterführung meines letzten Artikels, in welchem ich die stetige Neuentwicklung von Apps thematisiert habe.

Das Gespräch mit einer Gruppe von Jugendlichen ist im Gange, es geht um WhatsApp und die neusten Entwicklungen, beispielsweise die zunehmenden Fragen über Ask. Fragen über Ask? Was heisst das nun wieder? Erneut stellen sich die Fragen: Welche Apps kenne ich, sollte ich kennen und wie verliere ich aufgrund der vielen unterschiedlichen Apps nicht den Überblick? In meinem letzten Blogbeitrag habe ich schon erwähnt, wie wichtig ich es finde, nicht alle Apps zu kennen, aber zu wissen, wie ich mich über neue Trends informieren kann. Dazu eine kleine Anleitung:

1.   Nachfragen: Die Jugendlichen können direkt mit den folgenden Fragen angesprochen werden: Was ist toll an dieser App? Was kann man damit machen? Wer hat es auch? Wie sind die Erfahrungen damit? Im besten Falle erfährt man bereits dann, worum es geht. Auch wenn man nicht alles versteht, lohnt es sich, einige der erwähnten Begriffe zu merken. Dabei erfahre ich, dass Ask.fm eine neue App ist, bei der sich alles um Fragen dreht. Später kann gezielt nach diesen Stichworten gesucht werden.

2.   Sich informieren: Ich empfehle die Klassiker Google, Youtube, Wikipedia.

Google:
Die Suchresultate bei Google zum Namen der App geben einen ersten Einblick, wie die App einzuschätzen ist. Sowohl Warnungen als auch Lob bezüglich der App sind zu finden. Dabei stellt sich die Frage, ob sich die positiven und negativen Eigenschaften in einem Gleichgewicht befinden. Versuchen Sie, die Seite der Entwicklungsfirma ausfindig zu machen. Dort finden Sie Informationen zu Verkauf und Werbung der App. Im Falle von ask.fm finde ich viele Suchresultate, die von ask.fm selber stammen. Der Artikel in Wikipedia wird angezeigt sowie weitere bei klicksafe.de und saferinternet.at. Die Lektüre der letzten beiden ist zu empfehlen. Jetzt haben Sie bereits einen Überblick, wie die App funktioniert und was sie kann. Der Fokus liegt dabei auf der Sicht eines Erwachsenen.

Youtube:
Nachdem Sie den Namen der App ins Suchfenster eingegeben haben, erhalten Sie eine breite Palette von Filmen und Tutorials, in denen die App vorgestellt, beschrieben, gelobt und kritisiert wird. Besonders nützlich sind Kritiken von Jugendlichen selbst. Nun können Sie auch Begriffen nachgehen, die Sie sich von den Gesprächen mit Jugendlichen gemerkt haben oder die sich bei der Googlerecherche ergeben haben. Dementsprechend suchen Sie beispielsweise nach: „ask.fm Datenschutz“, „ask.fm anonyme Fragen“, „ask.fm anonyme Fragen blocken“, „Wie funktioniert ask.fm?“, „Was ist toll an Ask.fm?“.
An diesem Punkt wissen Sie bereits einiges über die Ihnen zuvor unbekannte App. Wenn Sie es genau wissen möchten, nehmen Sie sich die Zeit und lesen Sie die AGB der App. Hier noch einige Fragen, denen Sie dabei nachgehen können:

Wer stellt die App zur Verfügung?
Welche weiteren Produkte bietet die Firma an?
Wie wird die App finanziert?
Wie geht die App mit Daten um?
Worauf hat die App Zugriff?

Hilfreich können dabei auch folgende Broschüren sein:

Apps sicher nutzen – Mobile Geräte in Kinderhand (Bayerische Landeszentrale für Neue Medien)

App_Gepasst (Klicksafe.de)

Mit diesem Wissen sind Sie nun gewappnet, erneut mit Jugendlichen ins Gespräch zu treten. Am besten lassen Sie sich die Anwendung nochmals zeigen, und nun können Sie darauf etwas erwidern. Wenn Sie dabei mit einer Antwort auftrumpfen können auf eine Frage, die sich die Jugendlichen gestellt haben, ist es umso besser. So werden Sie zu einer noch kompetenteren Ansprechperson.
Ein weiterer Schritt wäre, die App selber auszuprobieren. Dagegen spricht eigentlich nur der Zeitaufwand, den es Sie kostet. Am besten finden Sie eine Möglichkeit, wie Sie die App für sich selbst nutzen können. Dies stellt sich jedoch manchmal als Schwierigkeit heraus.  Auf keinen Fall sollten Sie die App zuerst im beruflichen Kontext einsetzen.  Trotz sorgfältiger Vorbereitung können ungeschickte Vorgehensweisen kontraproduktiv und peinlich enden.
Persönlich finde ich es wichtig, ein Gefühl für die Apps zu bekommen. Wer keine Erfahrung mit Chatten mit fremden Personen hat, kann vieles nicht nachempfinden, was für Jugendliche Alltag ist. Bei Selbstversuchen stellte ich erstaunt fest, wie ich auf verschiedenste mir unbekannte Menschen mit klaren Gefühlen reagiert habe: Sympathie, Misstrauen, Freundlichkeit und Angst. Dies widerspricht der so oft betonten Kanalreduktion, die es anscheinend schwierig macht, das Gegenüber einzuschätzen. Wenn wir Jugendliche begleiten wollen in ihrem Umgang mit Medien, müssen wir diese Erfahrungen zumindest anerkennen oder noch besser nachvollziehen können. Denn an diesem Punkt beginnen die Gespräche auf gleicher Ebene.
Ich war erstaunt über die Gefühle, die einzelne Anwendungen in mir auslösten, und über die Vielfalt der Erfahrungen, die ich dabei sammelte. Die meisten Apps haben ausserdem noch einen Vorteil: Sie bieten die Möglichkeit, die Nutzung anderer zu beobachten und dabei auch einiges zu lernen.

Viel Vergnügen dabei!

immer mehr App’s

Vor einiger Zeit ist dieser Artikel im Tagesanzeiger erschienen, der in unserer Gruppe einige Diskussionen auslöste. Ich versuche in diesem Blogartikel, die wesentlichen Punkte der Diskussion zusammenzufassen und füge zum Schluss noch eigene Gedanken an:
Die im Artikel erwähnte Studie kommt zum Schluss, dass Jugendliche Facebook vor allem deshalb den Rücken kehrten, weil sie Datenklau und Überwachung fürchteten und sich Gedanken um Datensicherheit und die beeinträchtigte Privatsphäre machten.
Dieser Schluss scheint mir zu ungenau und fasst zu kurz. Er suggeriert, dass Jugendlichen nun endlich verstanden haben, wie unsicher und tückisch Facebook ist. Doch ist das wirklich so? Ich möchten an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass sich die Probleme von Unsicherheit und Datenklau mit WhatsApp und seinen Nachfolgern keinesfalls lösen. Auch diese Anwendungen sind unsicher und sammeln Daten, um diese weiterzuverwenden.
Der Artikel zeigt deshalb auch andere Gründe auf, warum Jugendliche sich von Facebook abwenden. Hier eine kurze Aufzählung, gepaart mit eigenen Beobachtungen:

•   Jugendliche fürchten Datenklau und Überwachung und haben Angst um ihre Privatsphäre.
•   WhatsApp ist angeblich werbefrei.
•   Die Anwendungen sind einfacher.
•   Die Anwendungen sind angeblich privater.

Hier noch ein par eigene Einschätzungen, die sich zum Teil mit denen des Artikels decken:
•   Facebook ist alt, selbst wir Senioren und Eltern nutzen es inzwischen. Es liegt in der „Natur“ der Jugendlichen, dass sie sich andere Tummelplätze erschliessen, in denen sie mehr unter sich sind.
•   Der Trend hin zu Mobile-Geräten bringen auch andere Apps mit sich.
•   Facebook ist kompliziert und verhältnismässig aufwendig, um aktuell und attraktiv gehalten zu werden. Bei anderen Anwendungen braucht es das nicht.
•   Jugendliche sind lernfähig und ziehen Konsequenzen aus ihren Erfahrungen. Sie erleben selber oder bekommen mit, wie immer wieder ungewollt Fotos und andere Infos an Leute gelangen, für die diese nicht gedacht waren. Also suchen sie sich eine Plattform, bei der das nicht so einfach möglich ist.
•   Medien berichten immer wieder über das böse Facebook. Auch Jugendliche lesen diese Berichte und verbinden sie mit ihren eigenen Erlebnissen.
•   Es ist auch naheliegend, dass Neues ausprobiert und getestet wird. Je einfach und billiger eine Anwendung ist, desto mehr kommt sie bei Jugendlichen an.

Was heisst dies nun für uns Erwachsenen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Jugendliche in ihrer Mediennutzung zu begleiten?
In erster Linie wird es für uns schwieriger, Jugendliche zu begleiten, insbesondere weil sich die Anzahl Apps, über die wir uns informieren sollten, immer grösser wird. Vorbei sind die Zeiten, in denen es gereicht hat, eigene Erfahrungen in Facebook und MSN zu haben und damit schon gut Bescheid zu wissen. Ich selbst musste diese Erfahrung an diversen Kursen auch schon machen. Eltern und Lehrpersonen stellen immer öfters Fragen zu Apps, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Meine Lösung liegt darin, einen Schritt zurückzumachen. Wir müssen uns von der „Anwendungsberatung“ entfernen und uns hin zur Medienkompetenz im umfassenden Sinne bewegen. Fachpersonen der Jugendarbeit, Eltern und Lehrer sind gut darin beraten, sich selbst über Medien und ihre Funktionsweise zu informieren. Insbesondere gilt hier die goldene Regel: Bleibt mit euren Jugendlichen in Kontakt und nutzt ihr Wissen! Andere Möglichkeiten sind das gute alte „Googlen“ oder die Informationssuche mit Hilfe von Youtube. Von uns Fachleuten brauchen sie nur noch die Hinweise, welches die kritischen Punkte sind, die sie dabei beachten sollten. Diese folgen bald auf diesem Blog: Also los, tauchen wir ab in die Welt der Apps!

OJA Office

Darauf hat die Offene Jugendarbeit lange gewartet. Mit dieser Software könnt ihr auf einfache Weise:

Statistikdaten erfassen, auswerten und anzeigen.

Journale erfassen und einen Bezug zu Statistikdaten herstellen.

Medien, Fahrzeuge und Material organisieren.

 

Hier noch eine genauere Beschreibung OJAOffice_PDFExport_111112 .   

Diese Software wurde von dem aktiven Jugendarbeiter Dominik Holliger entwicklet und ist praxiserprobt. Mehr Infos unter info@holliger-it.ch oder direkt über die Homepage.

 

Gute Seiten

Gute Seiten

Hallo Jugendarbeitende

Heute möchte ich Euch die Homepage von Elternnet.ch vorstellen. Diese wird von einem Verein betrieben, der sich zum Ziel gesetzt hat, Eltern und andere Erziehungsbeteiligte in der Mediennutzung zu unterstützen. Einerseits eignet sich diese Seite gut für allfällige Elternanfragen. Andererseits bietet sie auch Jugendarbeitende einiges an Infos. Im Folgenden hebe ich einige, aus meiner Sicht nützliche Inhalte hervor.

  • Spannende Infos zu allen Bereichen der Neuen Medien mit der Altersabstufung Kindergarten/Primar/Teenager
  • Ein umfassendes Glossar mit Begriffen aus dem Bereich Computer/Neue Medien
  • Verschiedene Links zu Internet-Medienführerscheinen
  • Links zu ständig aktualisierter Anleitung für die Privatsphäreneinstellungen in FB
  • Infos zu Recht und Sicherheit
  • Umfassende Infos zu Games

Die Seite ist übersichtlich gestaltet und bietet eher zu viel als zu wenige Infos zu den einzelnen Themengebieten. Mann kann sich also gut ins Thema einarbeiten und vertiefen. Wem das immer noch nicht reicht, findet zahlreiche Links zu weiterführenden Seiten und spannenden Tools für die Arbeit mit Jugendlichen.

Ich wünsche viel Spass beim Lesen!

Laurent Sedano

Zur Sichtbarkeit einer Organisation in SocialMedia

Ich möchte an den letzten Blogbeitrag anschliessen und weiter über das Thema “Sichtbarkeit” schreiben. Dabei möchte ich euch auf einen Artikel von Niels Brügger und Jürgen Ertel im März-Heft “Jugendarbeit und social networks” (ab Seite 5) aufmerksam machen. Die Autoren beschreiben darin, wie eine Stelle, die sich auf Social Media einlässt, auf verschiedenen Ebenen sichtbar wird. Bei jeder Aktion im Netz sollte man überlegen, wie diese von aussen wahrgenommen werden kann. Hier ein gutes und ein unglückliches Beispiel, auf die ich vor kurzem gestossen bin:

 

pos bspkaschiert

Der kritische Beitrag von Jugendlichen wurde kommentiert. Aus dem Kommentar kann man wichtige Arbeitsprinzipien der Stelle erkennen. Sichtbar wird eine Stelle, die für alle Jugendlichen offen ist, Kritik ernst nimmt, Probleme anspricht und Kontakt zu allen sucht.

Hier ein weniger gutes Beispiel:


bitte macht das foto wegverwischt

Dieser Dialog ist seit einigen Monaten so lesbar. Hier wird auch einiges sichtbar. Diese Jugendarbeitsstelle nimmt ihre Jugendlichen nicht ernst. Sie missachtet offensichtlich das Recht am Bild ihrer Klientinnen und bricht Unterhaltungen mit diesen unkommentiert ab. Nicht sichtbar ist, wie die Stelle „offline“ vorgegangen ist. Vielleicht haben sie sich in einem Gespräch darüber unterhalten und sind sich einig geworden. Online sichtbar ist aber was anderes. Zum Zeitpunkt, an dem ich diesen Screenshot gemacht habe, war der Tread 4 Monate alt. Was sind die Inhalte, die auf ein Profil gehören? Was braucht der User, damit er sich auf eurem Profil oder auf eurer Seite zurecht findet? In den nächsten Artikeln werde ich auf diese Fragen eingehen. Wenn ihr Beispiele oder Fragen habt, meldet euch ……….. 2012-03-27 – 11:57:45